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Vor Kurzem habe ich begonnen über Trauer im Judentum zu lernen. Ich wußte ein wenig, aber von vielen Ritualen und Details hatte ich noch nie gehört. Man spricht darüber nicht. Es ist ein bißchen erschreckend und niemand will sich mit dem Tod auseinandersetzen.

Seit ich allerdings damit begonnen habe über die Schiwa, die Schloschim, die Beerdigung zu lernen, bin ich zu der Einsicht gekommen, dass wir viel mehr darüber lernen sollten. Denn leider wird für jeden von uns der Tag kommen, an dem wir in der Situation sein werde, trauern zu müssen. Das Judentum gibt für den Umgang mit der Trauer das richtige Werkzeug. Die Beerdigung, Schiwa sitzen, das Kaddisch. All diese Rituale sind für den Trauernden wichtig.
Das Judentum zeigt, dass es in Ordnung ist zu trauern und mit dem Verlust fertig zu werden.

Während ich lernte, was in der der Woche des Schiwasitzens und in den Schloschim erlaubt ist und was nicht, las ich Bücher, sprach mit meinem Rabbiner und suchte Artikel dazu online. Was ein Glück Leben wir in der heutigen Zeit! Ich kann selbstständig recherchieren, nachlesen, in die Tiefe gehen, Schiurim und Podcasts anhören.

Eines der Zeichen von Trauer ist, dass man sich die Haare nicht schneidet und sich nicht rasiert. Logischerweise betrifft das Rasieren nur Männer und ihre Bärte. Das ist ähnlich zu der Omerzeit und den drei Wochen zwischen dem 17. Tamus und Tischa BeAw. Wenn wir um einen nahen Verwandten trauern, rasieren Männer sich nicht. Und sowohl Männer wie Frauen schneiden ihre Haare nicht. Es gibt noch weitere Einschränkungen in dieser Zeit. Eine, die spezifisch für Frauen ist, besagt, dass kein Make-up getragen werden soll. Das kann ich nachvollziehen.

Als ich also las, was man zu tun und zu lassen hatte, stieß ich auf diese rabbinische Aussage:

Unverheiratete Frauen dürfen kein Lidschatten, Make-up und andere Kosmetik während der Schloschim benutzen. Verheiratete Frauen hingegen, dürfen nach der Schiwa jede Art von Kosmetik benutzen. Denn man kann von einem Ehemann nicht erwarten, seine Ehefrau einen ganzen Monat unattraktiv zu sehen.

(Unmarried women may not use eye shadow, face make-up and other cosmetics during Shloshim, but married women may use cosmetics of all kinds after Shiva, because one can’t expect a husband to have to see his wife looking unattractive for an entire month.)

Oje! Der arme Ehemann. Wie soll er es bloß aushalten, seine Frau einen Monat lang ohne Make-up zu sehen? Ich fühle mit ihm. Welch ein Opfer es für ihn sein muss, dass er schon die ganze Schiwa-Woche seine Frau ohne Make-up ertragen musste.

Um ehrlich zu sein, ich persönlich trage selten Make-up. Und wenn, dann nicht viel. Etwas Kajal, Mascara, vielleicht Lidschatten. Kein Make-up zu tragen ist für mich kein großes Opfer. Aber darum geht es nicht. Es geht um die Trauer. In den Tagen, nachdem ein geliebter Mensch gestorben und beerdigt ist, soll die Trauer de Person sich mit dem Verlust und der beschäftigen, nicht damit, wie man aussieht. In dieser Zeit kein Make-up zu tragen ist ein Zeugnis davon, was in einem Menschen vorgeht. Die Frau, wie der Mann, versucht mit der Situation zurecht zu kommen. Warum würde man ihr dazu raten, sie solle damit aufhören?
Wie ist es ihr Problem, dass ihr Mann nicht damit zurecht kommt, sie ohne Make-up zu sehen, während sie trauert?
Wie kann es sein, dass die Gefühle des Ehemanns gegenüber seiner Frau, die kein Make-up trägt (was definitiv eines weiteren Posts bedürft), über der Trauer und dem Schmerz der Ehefrau stehen?

Und wenn wir schon dabei sind:
Warum gibt es nicht die gleiche Regel for den Bart? Habt ihr schon mal einen ungepflegten Bart gesehen? Definitiv schlimmer als eine Frau ohne Make-up, so wie Haschem sie geschaffen hat…

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