woman wearing red beret and gray long sleeve dress with wild feminist print
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In „meiner“ Synagoge gab es heute Besuch. Ich war leider nicht dabei und erfahre darüber gleich nach Schabbatausgang.

Ein Ehepaar aus Israel, schon etwas älter. Sie fragten nach der Geschichte der Synagoge, der Gemeinde, den Angeboten. Die normalen Dinge, die üblichen Fragen. Im Rahmen dieses Gesprächs kommt eine Frage auf. Ob es Schiurim für Frauen gibt. Eine wunderbare Frage. Eine große Lücke. Die kurze Antwort wäre „nicht wirklich“. Es gibt hier und da was. Ein Angebot der Rebbezin, privat organisiertes Lernen. Es gibt ein wenig was.

Befragt dazu wurde der Chazan, der Vorbeter. Der meist nur zu Schabbat in der Stadt ist. Vieles entgeht ihm. Aber wenn man ehrlich ist, seine Antwort wird schon nicht ganz falsch gewesen sein, dass es night wirklich etwas gibt. Der eigentliche, interessante Satz fällt kurz danach.

Im Zusammenhang dieser Frage fällt mein Name. Aber nicht nur einfach mein Name, sondern einem Zusatz. „Feministi“ (das Gespräch findet auf Hebräisch statt)

Wörter haben verschiedene Bedeutungen für verschiedene Menschen. Ich habe kein Problem mich als Feministin zu beschreiben. Ich war früher vorsichtiger damit, aber das bin ich nicht mehr. Ja, ich bin Feministin. Ich setzte mich für Frauen ein, ich rede darüber, unterrichte dazu, und tue vor allem einiges.

Die Begründung, warum ich Feministin bin, ist bei diesem Post allerdings fehl am Platz. Es ist kein Geheimnis und nichts wofür ich mich schämen. Es ist allerdings etwas, das Menschen zu stören scheint. Auch wenn ich nicht dabei war, so kann ich genau hören, mit welchem Ton der Begriff gesagt wurde.

Feministi

Als gäbe es kaum etwas Schlimmeres. Die größte Bedrohung des Judentums. Wo soll das bloß enden?

Mir ist durchaus bewusst, dass ich mit meinem Verhalten, meinen Ideen, meinen Anforderungen anecke. Ich verärgere Männer, die am traditionellen Judentum hängen, ohne selbst auch nur ansatzweise traditionell zu sein. Ich verärgere Frauen, wobei ich nicht verstehe, warum sie sich so ärgern. Ich verärgere die Rabbiner. Und wahrscheinlich nerve ich eine ganze Reihe von Leuten. Wie viel kann man über Frauen und Judentum reden?
Das ich einen bestimmten Ruf habe stört mich wenig. Es gibt schlimmere Begriffe, die eine Frau genannt werden kann, als „Feministi“. Wobei ich manchmal glaube, für den einen oder anderen ist das alles gleich.

Allerdings kommt mir ein Gedanke. Schade ich vielleicht meiner Synagoge, meiner Gemeinschaft, meiner Gemeinde mit meinen Ideen und Forderungen? Wäre es vielleicht besser, wenn ich leiser wäre? Nachgeben würde? Mich unterordnete?

Ich könnte es probieren. Es wäre bestimmt von dem einen oder anderen gern gesehen. Die Frage ist allerdings: Wie lange würde ich das aushalten?
Ich befürchte nicht besonders lange. Der Zug ist abgefahren. Ich bin wer ich bin und das ist gut so. Und wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht, dass ich der Gemeinde schade. Ja, ich fordere sie vielleicht heraus, aber das ist nicht unbedingt was schlechtes.

Was mich vielmehr beschäftigt, ist die Frage, was denn das Problem der Männer ist? Warum scheinen sie so große Angst vor der „Feministi“ zu haben? Was ist es, das sie so bedroht?

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